Weg ins Ungewisse
Bleiben oder gehen wir?
Zu Tisch bei einer Tagelöhnerfamilie aus Oberhundem im Sauerland (fiktive Szene, um 1765)
Der Weg nach Russland
Zitate von Zeitzeug*innen:
Bildergalerie
Das russische Kaiserreich war im 18. Jahrhundert zu einer kolonialen Großmacht auf Kosten seiner unmittelbaren Nachbarn Polen, Schweden sowie dem Osmanischen und Persischen Reich aufgestiegen. Von der Ansiedlung christlicher Kolonisten versprach sich Zarin Katharina II. (1762 – 1796) eine dauerhafte Sicherung der eroberten Gebiete. In einer ersten Phase verfolgte sie die Strategie, Siedlungsareale im Gebiet an der Wolga zwischen Saratow und Samara zu fördern.
Die russischen Bauern kamen aufgrund ihrer Leibeigenschaft dafür nicht infrage. Die Loyalität der dort angestammten Bevölkerung war aus der Sicht von Katharina II. fragwürdig und ihre nomadische Lebensweise machte sie im Vergleich zu den sesshaften Kolonisten zu keiner verlässlichen Steuerquelle.
Die neuen Kolonien schnitten die Viehnomaden von den lebenswichtigen Wasserläufen ab. So mussten sie sich nach anfänglichen Konflikten mit Kolonisten und Kosaken in innere Steppengebiete zurückziehen.
Nachdem Katharina II. mit dem Manifest vom 22.07.1763 Menschen aus Europa eingeladen hatte, sich in Russland niederzulassen, konnten sich interessierte Auswanderer an die Gesandtschaften der Zarin oder an private Anwerber wenden. Die Anwerber agierten nicht selten im Verborgenen, da ihre Tätigkeit im Heiligen Römischen Reich offiziell verboten war. Viele Anwerber schreckten nicht davor zurück, die Versprechungen der Zarin gegenüber ihren Zuhörern „auszuschmücken“, um so ihren eigenen Verdienst pro angeworbene Person zu erhöhen. Besonders in den schwächeren Kleinstaaten und freien Reichsstädten, welche die Tätigkeit der Anwerber nicht verhindern konnten, ließen sich viele Kolonisten anwerben.