Feind werden im eigenen Land – Teil 1 (bis 1941)

Das Schicksal der Familie Epp

Deportation der Familie Epp

Handgeschriebene Sorgerechtserklärung

Köppental, den 10. März 1930.

Bestätige hiermit daß ich, da ich ausgesiedelt werde unbestimmt wohin, meine zwei Kinder, Adina u. Helmuth, da die selben kürzlich erst an (Krankheit) gelegen haben, diese meiner Schwester Hilda zur eigenmächtigen Verfügung (zu) übergeben, womit sich diese verpflichtet sie zu verpflegen.

Adina 4 Jahre alt, Helmuth 2 J. alt.

Bruno u. Gerta Epp

Vorstehende Unterschriften bestätigen der Köppentaler Dorfrat mit Unterschrift u. Beilegung der Siegel

(Siegel) Vorsitzender

Sekr. J. Quiring

Die Kinder übernommen

Wilda Epp

Mit dem Original gleichlautend

Sekr. J. Quiring

Was passiert mit der Familie Epp?

 

Zitate von Zeitzeug*innen:

Ausreise nach Deutschland
Helene Gerhardt, 1918
< 1 min
Kleidung gegen Nahrungsmittel eintauschen
Ida Bender, Herbst 1932
< 1 min
Kinder enteigneter Bauern bekommen kein Frühstück
Gerhardt Götz, 1932-34
< 1 min

 

Mehr zum Thema:

Nach der Oktoberrevolution verstaatlichten die Bolschewisten zwangsweise Unternehmensbesitz. Die neuen Machthaber sahen Fabrikbesitzer und reiche Handelsfamilien als innere Feinde. In dieser Zeit verloren russlanddeutsche Unternehmer wie die Familie Gerhardt, Reinecke oder Höhn den größten Teil ihres Besitzes.

Aufgrund ihrer Vergangenheit als Kolonisten lebte der größte Teil der Russlanddeutschen von landwirtschaftlichen Erträgen. Die Landwirte profitierten von dem Ende des Bürgerkriegs und einer liberaleren Wirtschaftspolitik unter Lenin.

Doch dieser kurze Aufschwung endete spätestens 1929, als Josef Stalin den gewaltsamen Umbau zu einer kommunistischen Landwirtschaft forcierte. Jetzt galten auch Bauern mit größerem Grundbesitz, die sogenannten „Kulaken“, als innerer Feind. Die deutsche Minderheit stellte im Schwarzmeergebiet nur zwei Prozent der Bevölkerung, gleichzeitig jedoch 15 Prozent der „Kulaken”. Die Russlanddeutschen waren also überdurchschnittlich stark von staatlicher Verfolgung betroffen.

Anfang des 20. Jahrhunderts galt in Russland der julianische Kalender. Demzufolge fand die Revolution am 25. und 26. Oktober 1917 statt. Nach dem gregorianischen Kalender, der heute in Europa gilt, fand die Revolution jedoch erst am 7. und 8. November 1917 statt.